ÖAZ Aktuell (Ausgabe 3/2004)

Serien 3/2004

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Homotoxikologie
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Die Biochemie nach Dr. Schüßler
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Auf der Suche nach seriösen Ergänzungen zur Schulmedizin wird auch die Homotoxikologie vom Patienten immer mehr nachgefragt. Unsere neue Serie bietet Ihnen als Apotheker und oft erster Ansprechpartner in Gesundheitsfragen die Basisinformation für eine entsprechende Betreuung Ihrer Kunden.

Homotoxikologie

Schadstoffe ausleiten

Dr. Hans-Heinrich Reckeweg

Homotoxikologie – hinter diesem Zungenbrecher steht eine Therapieform, die vor ca. 70 Jahren vom deutschen Arzt Dr. Hans-Heinrich Reckeweg begründet wurde. Im Mittelpunkt der Homotoxikologie stehen so genannte »Homotoxine«, d.h. den Körper belastende Stoffe. Das können Umweltgifte sein, Stoffe, die mit der Nahrung aufgenommen werden; oder auch Stoffwechselprodukte, die ihren Ursprung im eigenen Körper haben. Der Organismus versucht, diese belastenden Substanzen auszuscheiden. Wird eine vollständige Ausleitung der »Schadstoffe« verhindert, können sich – nach Reckeweg – Krankheiten entwickeln.
Die Homotoxikologie sieht vieles, das wir als Krankheit bezeichnen, als Ausdruck der körperlichen Abwehrmaßnahmen gegen endogene und exogene »Homotoxine«. Dabei versucht der Körper, diese Schadstoffe auszuscheiden und Schäden zu kompensieren.
Den Krankheitsverlauf gliederte Reckeweg, zeit- und gewebsabhängig, in sechs unterschiedliche Phasen:
Ausscheidungsphase: Der Organismus versucht über eine Steigerung der physiologischen Ausscheidungsmechanismen, sich eines Schadstoffes zu entledigen. Mögliche Reaktionen des Körpers können Schwitzen, Durchfall, Erbrechen oder eine gesteigerte Schleimproduktion sein.
Entzündungsphase oder Reaktionsphase (d.h. akute Entzündung): Der Organismus versucht über Aktivierung (des Bindegewebes und mithilfe einer Gefäßweitstellung), die Stoffwechselvorgänge zu beschleunigen und somit die Noxen zu eliminieren. Mögliche Anzeichen können lokale Entzündungen, Fieber oder Leukozytosen bzw. Lymphozytosen sein.
Die Ablagerungsphase ist eine Folge des Versagens der Phasen 1 und 2. Der Schadstoff (das »Homotoxin«) kann nicht mehr eliminiert werden, es wird im Gewebe (in diesem Fall im Bindegewebe) deponiert. Dabei stellt sich ein labiles Wechselspiel zwischen Schadwirkungen und Abwehrvorgängen ein: chronische Entzündungen, z.B. vergrößerte Lymphknoten oder entzündete Mandeln können beispielsweise die Folge sein. Die Zelle selbst reagiert mit Zellvermehrung, bleibt aber in Form und Funktion intakt.
Zellerkrankungsphase: Die ortsfremde Substanz durchdringt die Gewebestruktur und setzt sich im Gewebe fest. Durch funktionelle Überforderung und materielle Überladung des Bindegewebes wird der Stofftransport behindert, die Zelle wird vom Stoffwechsel isoliert, es kommt zu Speicherungsphänomenen. Beispiele sind Störungen im Zuckerstoffwechsel. Mit dem Zusammenbruch der Filterfunktion und der Zellschutzfunktion des Bindegewebes gehen die Regulationsmechanismen verloren.
Zelluntergangsphase: Das pathologische Geschehen selbst verlagert sich vom Bindegewebe hinein in die Zelle, die Funktion wird vermindert und intrazelluläre Strukturveränderungen entstehen. Mögliche Erkrankungen sind z.B. Fibrose, Sklerose, Zirrhose, usw. Im Unterschied zur sechsten und letzten Phase ist die Degeneration noch in die hierarchische Ordnung des Organismus integriert.
Zellveränderungsphase: Durch die chronische Schädigung verlässt die Zelle die für ihren Zelltyp charakteristische Form und Funktion. Sie wird zu einer undifferenzierten, unspezialisierten Zellform und scheidet aus dem hierarchischen Ordnungssystem des Organismus aus. Die Dedifferenzierung entsteht durch Einwirken vieler exogener und endogener Noxen. Die zur malignen Entartung hin genetisch prädisponierten Organzellen werden durch Umschalten der Supressorgene entdifferenziert und somit definitiv neoplastisch d.h.: sie werden zu teilungsfähigen neoplastischen Zellen, deren Stoffwechsellage in weiterer Folge anaerob wird.


Der biologische Schnitt
Der biologische Schnitt bezeichnet die imaginäre Trennlinie zwischen den Krankheitsphasen 1 bis 3 und 4 bis 6. Die drei ersten Krankheitsstadien ermöglichen eine vollständige Gesundung (Restitutio ad integrum = Heilung ohne organischen oder funktionellen Restschaden). Bei den drei letzten Phasen ist dies oft nicht mehr möglich. Der Grund dafür sind oft über Jahre hinweg andauernde Schädigungen des Gewebes, bleibende Dauerschäden mit Funktionseinbuße auf degenerativer Basis, bzw. Veränderung des zellulären Aufbaues in Richtung Neoplasie. Hier ist es oft unumgänglich, zur Schulmedizin zu greifen und/oder chirurgische Eingriffe vorzunehmen.

Die Vikariation
Wirken »Homotoxine« zu lange auf einen Organismus ein, dann kann beobachtet werden, wie eine Erkrankung von einer Phase in die nächste wechselt. Diesen Vorgang nennt man »Vikariation«. In der abgebildeten Tabelle ist ein Fortschreiten von Krankheiten von links nach rechts eine Verschlechterung (progressive Vikariation), eine Verlagerung von rechts nach links eine Verbesserung (regressive Vikariation).
Gleichzeitig mit der Vikariation kann auch ein Gewebs- und Organwechsel im Verlauf der Abwehrvorgänge gegen den einwirkenden Schadstoff erfolgen. Die Zuordnung einer Erkrankung zu einer Phase gibt an, in welchem Stadium die Erkrankung ist und welche Behandlungsmaßnahmen einzusetzen sind. Befindet man sich beispielsweise in Phase drei einer Erkrankung, so ist Eile geboten, um ein Verlagern der Krankheit in Phase vier und damit über den biologischen Schnitt hinaus zu verhindern.
Ausgehend von diesem dynamischen Krankheitsverständnis hat Reckeweg die antihomotoxische Therapie entwickelt, die als jenes naturheilkundliche Verfahren bezeichnet werden kann, das homöopathische Arzneien verschiedenster Herkunft anwendet:
Einzelmittel der »klassischen« Homöopathie in niedrigen und mittleren Potenzen
Nosoden als Heilmittel des diagnostisch ermittelten Terrains
Homöopathisierte Gewebe- und Organzubereitungen
Homöopathisierte Allopathika
Homöopathisierte Vitamine der Vitamin-B-Gruppe als Co-Faktoren
Homöopathisierte Biokatalysatoren: Säuren des Zitronensäurezyklus, Chinone und andere Karbonylgruppen-Verbindungen
stimulativ wirkende Verbindungen mit Katalysator-Effekt, z.B. biogene Amine, Anthozyane, Elemente (z.B. Cer)
Antihomotoxische homöopathische Komplexmittel (z.B. Traumeel®, Zeel®, etc.)

Hier werden oft homöopathische Einzel- und Komplexmittel eingesetzt, die nach schulmedizinischen Richtlinien verordnet werden. Vor allem bei chronischen Erkrankungen werden sie in einer individuellen Kombination eingesetzt.
Die Anwendung erfolgt nach klassischer klinischer Diagnose und immer nach einer exakten Abklärung der individuellen Krankheitssituation, d.h. nur unter Feststellung der vorliegenden Homotoxinphase nach Reckeweg.
Im Sinne eines kybernetischen Denkens dürfen diese Medikamente nie nur organgerichtet eingesetzt werden. Ihre Auswahl sollte vielmehr immer den Kriterien eines ganzheitlichen therapeutischen Denkens folgen.

Am Beispiel Gelenk

Welche Arzneimittel in welcher Phase eingesetzt werden, soll hier am Beispiel Gelenk dargestellt werden:
Bei akuten Beschwerden des Bewegungsapparates kann als homotoxikologisches Komplexmittel z.B. Traumeel® gegen die Entzündungsphase eingesetzt werden. Es enthält wie alle homotoxikologischen Komplexmittel neben Nosoden, Organpräparaten und Katalysatoren auch verschiedene homöopathische Einzelmittel wie z.B. Arnica.
Haben sich am Bewegungsapparat Arthrosen ausgebildet, kann gegen diese chronisch- degenerativen Beschwerden (Zelluntergangsphase) Zeel® eingesetzt werden. Hier ist unter anderem Solanum Dulcemara als darin enthaltenes Einzelmittel zu nennen.
Bei chronischen Beschwerden des Bindegewebes (z.B. Ödembildung, Schwellungen) kann mit Lymphomyosot® die Ausscheidung von Schadstoffen eingeleitet werden. Eines der darin enthaltenen homöopathischen Einzelmittel ist Equisetum hyemale (Schachtelhalm), das für seine entwässernde Wirkung bekannt ist.


Zusammenfassung
Das wichtigste Ziel einer antihomotoxischen Therapie ist die Anregung zur Selbstheilung, Wiederherstellung und Unterstützung körpereigener Reaktionen und Abwehrvorgänge im Sinne einer Stimulationstherapie.
Dem zugrunde liegt die therapeutische Absicht, eine Belastung durch Schadstoffe – so genannte »Homotoxine« – zu beseitigen. Die Schadstoffe sollen dabei möglichst schonend aus dem Körper ausgeleitet werden und damit die Entstehung chronischer Krankheiten verhindert werden. Dies geschieht, indem man entsprechend der 6-Phasentabelle »Homotoxine« durch den gezielten Einsatz von homöopathischen Komplexmitteln aus dem Körper ausleitet.
Aus der Charakteristik der Homotoxikologie sind auch die Grenzen der antihomotoxischen Therapie klar zu erkennen: Sie liegen dort, wo durch diagnostisch zu klärende Bedingungen die Fähigkeit des Organismus zur Selbstregulation überschritten oder aufgehoben ist. Diese Feststellung, die für jede komplementäre Methode gilt, ist aber für die Homotoxikologie im Vergleich zur Einzelmittelhomöopathie wesentlich anders zu qualifizieren. Denn bei Vorliegen von Stadien mit eingeschränkter Regulationsfähigkeit können diese Störungen durch eine entsprechende antihomotoxische Therapie beseitigt werden.

Im nächsten Teil unserer Serie lesen Sie über die so genannte Basisentgiftung über die Ausscheidungsorgane Leber, Niere und Haut.

Ausbildungen in Antihomotoxischer Medizin werden auch für Apotheker durchgeführt:

Österreichische Ärztegesellschaft für Homotoxikologie
Postfach 64
1232 Wien
Tel.: 01/615 63 09
e-mail: homotox.austria@nextra.at
Internet: http://members.nextra.at/homotox.austria

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